Was sind Kontinenzprofile?

Kontinenzprofile und Inkontinenzformen unterscheiden sich grundlegend voneinander. Während Inkontinenzformen ärztliche Diagnosen darstellen, die die Ursachen und Symptome einer Inkontinenz beschreiben, dienen Kontinenzprofile in der Pflege dazu, den Grad der Inkontinenz und die Selbstständigkeit der Betroffenen zu erfassen. Es handelt sich dabei nicht um eine medizinische Diagnose. Besonders in der Altenpflege sind diese Profile unverzichtbar für die Planung und Umsetzung der Inkontinenzversorgung. Diese Profile sind in der Regel in sechs verschiedene Kategorien unterteilt.

Wofür braucht man Kontinenzprofile?

Die Kontinenzprofile helfen Pflegekräften und medizinischem Personal, ihre Pflegebedürftigen individuell zu betreuen und entsprechende Maßnahmen zur Unterstützung und Versorgung zu planen. Sie bieten eine systematische Herangehensweise, um die Kontinenzproblematik gezielt anzugehen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Durch die Einteilung in diese sechs Profile kann eine individuelle und patientenorientierte Pflege und Betreuung gewährleistet werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Probleme der Patienten eingeht.

Nutzen von Kontinenzprofilen

Pflegeplanung

Die ermöglichen eine gezielte und bedarfsgerechte Pflegeplanung und Intervention.

Kommunikation

Sie erleichtern die Kommunikation zwischen Pflegekräften, Ärzten und Angehörigen durch eine klare Klassifizierung.

Verlaufsbeobachtung

Sie dienen zur Dokumentation und Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Wirksamkeit von Behandlungsmaßnahmen.

Qualitätsmanagement

Sie unterstützen das Qualitätsmanagement in Pflegeeinrichtungen durch standardisierte Erfassung und Bewertung von Kontinenzproblemen.

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Die 6 Kontinenzprofile

Die sechs Kontinenzprofile sind ein Konzept, das insbesondere in der Pflege und in der geriatrischen Versorgung Anwendung findet, um den Grad und die Art der Kontinenzproblematik eines Patienten systematisch zu erfassen und zu klassifizieren.

Es handelt sich, wie schon erwähnt, nicht um eine medizinische Diagnose, sondern um eine Einschätzung der Kontinenz für eine angepasste und individuelle Versorgung. Die Profile helfen dabei, individuelle Pflege- und Behandlungspläne zu erstellen. Hier sind die sechs Kontinenzprofile im Überblick:

KontinenzprofilMerkmale
Kontinenz• willkürlich Harn lassen
• ohne Hilfsmittel
• ohne Unterstützung
Unabhängig erreichte Kontinenz• kein unfreiwilliger Harnverlust
• ohne personelle Unterstützung
• selbständige Versorgung mit Hilfsmitteln
• eigenständige Medikamenteneinnahme
Abhängig erreichte Kontinenz• kein unfreiwilliger Harnverlust
• Unterstützung notwendig
• Versorgung durch Pflegekräfte mit Hilfsmitteln
• Begleitung zur Toilette usw.
Unabhängig kompensierte Kontinenz• unfreiwilliger Harnverlust
• ohne personelle Unterstützung
• Selbstversorgung der Inkontinenz
Abhängig kompensierte Kontinenz• unfreiwilliger Harnverlust
• Unterstützung notwendig
• Versorgung der Inkontinenz durch Pflegekräfte
Nicht kompensierte Inkontinenz• unfreiwilliger Harnverlust
• Unterstützung wird abgelehnt/nicht zugelassen
• Inkontinenz ohne Versorgung

Welche Inkontinenzformen gibt es?

Im Unterschied zu den Kontinenzprofilen gibt es genaue medizinische Definitionen der unterschiedlichen Inkontinenzformen. Diese Diagnosen sind unabhängig von der Einteilung in ein Kontinenzprofil von einem Mediziner zu stellen. Hier zeigen wir Ihnen in einer kurzen Übersicht, welche Inkontinenzformen es gibt. Zu jeder Form können Sie einen separaten Artikel lesen, wo wir genauer darauf eingehen.

Belastungsinkontinenz / Stressinkontinenz

Belastungsinkontinenz, auch Stressinkontinenz genannt, ist eine Form der Harninkontinenz, bei der unwillkürlicher Urinverlust bei körperlicher Anstrengung auftritt. Dies kann durch Aktivitäten wie Husten, Niesen, Lachen oder Heben schwerer Gegenstände ausgelöst werden. Ursache ist meist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur oder des Blasenschließmuskels. Sie wird oft auch Stressinkontinenz genannt.

Überlaufinkontinenz

Überlaufinkontinenz ist eine Form der Harninkontinenz, bei der die Blase nicht vollständig entleert wird, was zu einem ständigen oder intermittierenden Harnverlust führt. Dies geschieht, wenn die Blase überfüllt ist und der Druck den Harnröhrenverschluss-Mechanismus überwindet. Ursachen können eine blockierte Harnröhre, eine schwache Blasenmuskulatur oder neurologische Störungen sein. Häufig betrifft dies Männer mit vergrößerter Prostata oder Menschen mit Diabetes.

Dranginkontinenz

Dranginkontinenz ist eine Form der Harninkontinenz, bei der es zu plötzlichem und starkem Harndrang kommt, der schwer zu kontrollieren ist. Betroffene verspüren einen intensiven Drang, die Blase sofort zu entleeren, und können diesen Drang oft nicht zurückhalten, was zu unwillkürlichem Urinverlust führt. Diese Form der Blasenschwäche kommt häufig im Alter vor und kann in einigen Fällen mit Blasentraining behandelt werden.

Reflexinkontinenz

Reflexinkontinenz ist eine Form der Harninkontinenz, bei der der unwillkürliche Harnverlust aufgrund eines fehlenden oder gestörten Reflexes auftritt, der normalerweise den Harndrang steuert. Dies geschieht typischerweise, wenn neurologische Schäden oder Erkrankungen die Kommunikation zwischen der Blase und dem Gehirn beeinträchtigen. Bei Reflexinkontinenz kann es zu unvorhersehbarem Urinverlust kommen, da die Blase sich ohne bewussten Drang oder Kontrolle entleert.

Extraurethrale Inkontinenz

Extraurethrale Inkontinenz bezeichnet eine seltene Form der Harninkontinenz, bei der der Urin durch Wege außerhalb der Harnröhre (Urethra) austritt. Im Gegensatz zur häufigeren Form der Inkontinenz, bei der der Urin direkt aus der Harnröhre verloren geht, tritt bei der extraurethralen Inkontinenz der Urin über andere anatomische Öffnungen oder Fehlbildungen aus. Ursachen können neben Fehlbildungen auch Fisteln zwischen Blase und anderen Organen, oder der Haut sein.

Stuhlinkontinenz

Allgemein wird Stuhlinkontinenz als die Unfähigkeit beschrieben, den eigenen Stuhlabgang kontrolliert zurückzuhalten. Der unwillkürliche Stuhlverlust kann von leichten bis zu schweren Formen auftreten. Dabei kann ein leichtes Stuhlschmieren vorliegen, bis zur kompletten Entleerung des Darminhaltes. Ursachen sind häufig eine Schwächung des Schließmuskels, neurologische Störungen oder auch chronische Erkrankungen.

Fazit Kontinenzprofile

Kontinenzprofile bieten eine strukturierte und detaillierte Möglichkeit, den Grad und die Art der Harn- oder Stuhlinkontinenz bei Patienten zu erfassen und zu klassifizieren. Durch die Einteilung in verschiedene Profile wird die individuelle Betreuung in der Pflege wesentlich erleichtert. Die sechs Kontinenzprofile helfen dabei, den Unterstützungsbedarf und die passende Pflegeintervention präzise zu bestimmen. In der Altenpflege sind Kontinenzprofile besonders wichtig, um maßgeschneiderte Pflegepläne zu erstellen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Sie ermöglichen es Pflegekräften und medizinischem Personal, gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der Patienten einzugehen und geeignete Maßnahmen zur Unterstützung und Versorgung zu planen. Die sorgfältige Nutzung von Kontinenzprofilen fördert eine effektive und individuelle Pflege, reduziert die Belastung für die Patienten und trägt zur Optimierung der Pflegequalität bei.


Zuletzt geändert:

Quellen

https://pqsg.de/seiten/openpqsg/hintergrund-standard-kontinenzprofile.htm

https://pflege-besser.de/download/AB_Kontinenzprofil.pdf

https://www.dnqp.de/fileadmin/HSOS/Homepages/DNQP/Dateien/Expertenstandards/Kontinenzfoerderung_in_der_Pflege/Konti_Akt2024_Audit-FB1-Profile_Online.pdf

Nora Rost ist studierte Pflegewissenschaftlerin, Krankenschwester und Redakteurin bei INSENIO. Seit 2015 berät sie Betroffene und pflegende Angehörige zu Inkontinenz und Pflege. Ihr wertvolles Wissen und die jahrelange Erfahrung aus Kliniken und Pflegeheimen dokumentiert sie im INSENIO Ratgeber in umfangreichen Ratgeber-Texten.